Die Gründer und Chefs – Nils, Gabriele und Kay Gosebeck.
Die Gründer und Chefs – Nils, Gabriele und Kay Gosebeck.

Made in Buxtehude: Promis in den Strandkörben der Profis

Ein Treffen mit Kay Gosebeck ist erst einmal ein Treffen mit viel Fußball-Talk. Drochtersen/Assel, HSV, Bayern München – ein Gespräch vor der Kopie einer original Meisterschale und dem Champions-League Pokal der Münchner Bayern in der Glasvitrine in der „Exclusive Lounge“ der Strandkorb-Manufaktur in Buxtehude. Der Mann ist ein wandelndes Fußball-Lexikon, er hat Daten und Fakten vieler Größen der deutschen Kicker-Elite parat und kann über jeden Geschichten erzählen. Weil er Fußball-Fan ist. Schon immer. Aber weil er auch Strandkörbe verkauft. Schon lange. Die Galerie im Firmensitz „Die Strandkorbprofis“ in Buxtehude ist ein Kaleidoskop zufrieden lächelnder Fußball-Stars. Er hat sie alle in seinen Strandkörben, von Uwe Seeler, Frank Beckenbauer, Jürgen Klopp bis Thomas Helmer und Thomas Müller. Er kennt sie persönlich und hat erst einen Tag vor unserem Besuch fröhlich mit Karl-Heinz Rummenigge in Sylt gespeist. Felix Magath war unlängst zu Besuch in der „Exclusive Lounge“, „nur mal so“, wie Kay Gosebeck sagt. Wobei die HSV-Legende noch keinen Strandkorb „Made in Buxtehude“ im Garten stehen hat. 

„Fußball ist meine Leidenschaft und Strandkörbe sind unser Produkt, mit dem wir seit 25 Jahren unser Einkommen sichern“, sagt Kay Gosebeck. Über 50.000 Strandkörbe wurden bisher aus Buxtehude geliefert, gefertigt in eigener Produktion. Die „Strandkorbprofis“ sind einer der größten deutschen Hersteller hochwertiger Teak- und Mahagoni-Strandkörbe – über Marktanteile will Gosebeck nicht sprechen, ohnehin ist das nicht mehr sein Geschäft, denn Sohn Nils ist seit bald zehn Jahren alleiniger Geschäftsführer des Familienunternehmens. Mit einem Vater an der Seite, der vor allem im Marketing die große Stütze ist und zumindest vormittags im Firmensitz anzutreffen ist. Weil er alle und jeden kennt. 

Mit Zufall und Mut erfolgreich

Und weil er alles von der Pieke auf gelernt hat, denn Kay Gosebeck hat das Unternehmen zusammen mit seiner Frau Gabriele einst gegründet. Ohne Businessplan, ohne Visionen. Aber er war zur rechten Zeit am rechten Ort und hatte den Mut aus einer Zufalls-Idee ein Geschäft zu machen.

Der gelernte Kaufmann, der zunächst Immobilien vermittelte und 13 Autowaschanlagen betrieb, bekam im Oktober vor 25 Jahren die Anfrage, ob er vier Container mit Strandkörben vermarkten könne. Die aus Indonesien gelieferte Ware war leicht beschädigt und auf dem üblichen Markt nicht zu verkaufen. Der Einkaufspreis war günstig und damit für den Kleinanzeigenmarkt im Internet mit Billigangeboten prädestiniert. Letztlich war das die Geschäftsidee des Kay Gosebeck, der die ersten 150 Strandkörbe in wenigen Tagen verkauft hatte, nach drei Wochen waren alle 1 000 Strandkörbe weg. 

Fortan war das Interesse der Gosebecks geweckt und sie bestellten auf eigene Rechnung Strandkörbe in Indonesien, die zunächst in einer angemieteten Halle in Harburg gelagert wurden, um sie dann auch per Lagerverkauf in Harburg zu verkaufen. 

„Uns war schnell klar, dass dieses Geschäft eine Zukunft hat, wenn wir es gut machen“, sagt der Firmengründer, der die Vision entwickelte, aus den Standard-Körben aus Indonesien eigene Produkte zu kreieren. Möglichst auch aus eigener Produktion.

Eigene Produktion in Indonesien

Der Idee folgte die Tat. Nach einem Besuch der Fertigungsstätte in Cirebon, einer Küstenstadt in Indonesien, die als Mekka der Flechter gilt, stand fest, dass sich die Buxtehuder an der Firma beteiligen und mit 51 Prozent einsteigen, um auf Qualität und Produktion Einfluss zu haben. „Wir zahlen faire Löhne und haben einen Qualitätsstandard, um den uns viele in der Branche beneiden“, so der Unternehmer, der zum Einstand in Cirebon eine neue Schule komplett im Inventar ausgestattet hat – als Spende und um die Wertschätzung gegenüber den Werktätigen in der Produktion zu zeigen, denn: „Die besten Korbflechter der Welt sind alle in Cirebon.“  

Von Anfang an sei klar gewesen, dass sich die Qualität der Gosebeck-Produkte deutlich von der in China hergestellten Massenware unterscheiden muss. Mit zertifiziertem Mahagoniholz, wetterfesten Dralonstoff und ausgebildeten Fachkräften in der Produktion in Indonesien und Buxtehude.

Per Seetransport werden die Einzelteile verschifft und in der (noch) 7 000 Quadratmeter großen Werkshalle an der B73 in Buxtehude-Ovelgönne montiert und mit den Stoffen ausgestattet, die sich die Kunden im Internet auswählen können. Wer will, kann sich den eigenen Strandkorb online selber konfigurieren oder aber in der Ausstellung seinen Strandkorb wählen. Wöchentlich werden zwei Container mit den Komponenten aus Indonesien angeliefert. 

Zum Jahresende wird das Werk erweitert, denn das Geschäft floriert. Erstmals könne die Investition in die neue Halle durch Eigenkapital bezahlt werden. 

„Wir haben fast (wieder) unsere Verkaufszahlen wie vor der Pandemie erreicht“, sagt Geschäftsführer Nils Gosebeck, der die Bilanz in drei Kategorien aufteilen kann: Vor, während und nach der Pandemie. In der Corona-Zeit seien die Umsätze gewaltig gestiegen, weil Strandkörbe im eigenen Garten plötzlich einen Boom hervorgerufen hatten, weil die Menschen ohne Urlaubsfahrten das Geld im und um das eigene Heim investiert haben. Bis zu 5 000 Strandkörbe wurden in den Corona-Jahren verkauft, jetzt sind es fast wieder 3 000 – wie 2019. „Wir können uns nicht beklagen“, sagen die Gosebecks, die die Produktion und den Vertrieb perfektioniert haben. Einfarbrige Grautöne und besonders „Cadiz Anthrazit Silber“ seien derzeit die beliebtesten Farben der Stoffe, die von den Näherinnen in Handarbeit gefertigt werden. Der fertige Strandkorb wird bundesweit ausgeliefert, vor allem nach Nordrhein-Westfalen, das sei immer noch der größte Markt für die Buxtehuder Strandkorbprofis. Aber auch Sylt stehe hoch im Kurs, was besonders für das Marketing wichtig sei. Wie das funktioniere, erzählt der Unternehmer am Beispiel Jürgen Klopp: Der damalige Dortmunder Meistertrainer habe bei den Gosebecks auf Sylt den Strandkorb gesehen und sei sofort begeistert gewesen. Ob der auch in Farben von Borussia Dortmund geliefert werden könne? 

Promis als Werbeträger

Wobei Kay Gosebeck aber sagt: „Der Eindruck könnte täuschen, aber Promis sind für uns nur im Marketing wichtig.“ Tatsächlich seien alle Werbeaktivitäten auf die Endverbraucher ausgelegt. Die Kunden seien meistens im Alter ab 40 Jahren und möchten sich mit dem Strandkorb „ein Stück Luxus in den Garten oder auf die Terrasse stellen, kleinere Modelle auch auf den Balkon“, so Gosebeck. Je nach Größe und Ausstattung steigt der Komfort. Während es im üblichen Strandkorb an Nord- und Ostsee für zwei Personen schon recht eng werden kann, haben die Zweieinhalbsitzer der Standkorbmanufaktur mit 1,45 Metern eine komfortable Breite. Der klappbare Tisch kann so groß gewählt werden, sodass darauf auch ein Notebook passt. Mithilfe einer Gasdruckfeder lassen sich die Premium-Modelle zudem problemlos mit einer Hand in der Neigung verstellen. Die Preisspanne reiche von 995 Euro bis zum teuersten Model, das für 4.995 Euro ein Luxusprodukt ist.

Die Foto-Galerie seiner illustren Kunden zeigt, dass auch ein Dieter Bohlen Gefallen am Luxus-Modell hat. Erst auf seinem Grundstück in Tötensen, um dann einen zweiten Strandkorb für seine Anwesen auf Mallorca zu ordern. Mit der Folge, dass auch der Sänger Mickie Krause sich auf der Baleareninsel im Strandkorb aus Buxtehude von seinen langen Nächten auf der Bühne erholen kann. Dass Helene Fischer und neuerdings auch Jürgen Drews zu seinen Kunden gehören, ist ebenfalls in der Galerie im Firmensitz zu sehen. Mit der Influencerin Catty Hummels haben die Strandkorbprofis jetzt einen weiteren Marketingweg eingeschlagen. 

Späte Liebe zu D/A

Einen neuen Weg hat auch  Kay Gosebeck in seinem Fußball-Leben eingeschlagen. Beim HSV ist er seit fast 50 Jahren Mitglied. Bisher standen die Hanseaten immer an erster Stelle seiner Leidenschaft, auch wegen der Freundschaft zum verstorbenen Uwe Seeler. „Ich liebe diesen Verein.“ Doch seit geraumer Zeit geht der Fußballfan fremd: „Schockverlieb in die SV Drochtersen/Assel“, könnte die Beschreibung für das neue Engagement sein. „Ich freue mich riesig, dass da so tolle Leute am Werk sind“, sagt er. Mit seinem Geschäftsführer hat er auch ein Sponsoring-Engagement besprochen, was Sohn Nils nicht ganz so unverständlich war, denn als langjähriger und amtierender Sportchef vom TSV Elstorf (Bezirksliga) betreibt er das Fußball-Engagement ähnlich leidenschaftlich wie der Vater, der sich vorgenommen hat, bei allen Spielen der SV D/A dabei zu sein. Auch auswärts. Wenn es nicht anders geht, will er aus seinem Urlaubs-Domizil Mallorca einfliegen. 

Doch wie das so ist im stressigen Leben jenseits der 70: Eine Kreuzfahrt im August war schon lange gebucht. „Ja, ja, er freue sich auf diesen Urlaub mit der geliebten Ehefrau“, beteuert er so eindringlich, dass Zweifel angebracht waren. Er verpasste nämlich drei D/A-Spiele. 

Deichlust

Text: Wolfgang Stephan · Fotos: Volker Schimkus