Die Autorin Kirsten Peters hat sich mit den Drehbüchern zur ZDF-Herzkino-Reihe „Neuer Wind im Alten Land“ ihren lang gehegten Wunsch erfüllt, eine Geschichte fürs Fernsehen zu schreiben, die im Alten Land spielt.
Die Autorin Kirsten Peters hat sich mit den Drehbüchern zur ZDF-Herzkino-Reihe „Neuer Wind im Alten Land“ ihren lang gehegten Wunsch erfüllt, eine Geschichte fürs Fernsehen zu schreiben, die im Alten Land spielt.

Aus New York nach Jork

Autorin mit Altländer Wurzeln erschafft märchenhaftes Wohlfühlfernsehen

Das Alte Land fährt im TV Top-Quoten ein. „Neuer Wind im Alten Land“ heißt die ZDF-Herzkino-Reihe um die Journalistin Beke Rieper, die für einen Neuanfang zurück aufs Land zu ihren Eltern zieht. Im Interview mit DEICHLUST-Reporterin Leonie Ratje erzählen die Drehbuchautorinnen Kirsten Peters und Gerlind Becker, warum das Alte Land ein Glücksgriff für die Serie ist, und woher ihre Liebe für die Region rührt. Die Ausstrahlung der nächsten vier Episoden ist aktuell geplant für das Frühjahr 2026.

Warum wählten Sie das Alte Land als Kulisse für Ihre Geschichte? 

Kirsten Peters: Ich wollte schon immer eine Geschichte schreiben, die dort spielt. Meine Mutter stammt aus dem Alten Land. Ich bin in den USA aufgewachsen, habe als Kind aber jeden Sommer bei meinen Großeltern auf dem Obsthof in Estebrügge verbracht. 

Und dann haben Sie eines Tages einfach losgeschrieben?

Peters: Nein, ich hatte zuvor schon ein Projekt mit der Produktionsfirma. Das ZDF war auf der Suche nach neuen Formaten für den Herzkino-Sendeplatz und da habe ich meine Idee vorgeschlagen. 

Gerlind Becker: Kirsten ist die Headautorin. Das sind ihre Figuren und ihr Konzept. Ich unterstütze Kirsten im Schreibprozess. 

Wie kamen Sie auf die Idee, eine Journalistin zur Hauptfigur zu machen? 

Peters: Bei Formaten mit wiederkehrenden Hauptfiguren und Orten ist es entscheidend, dass ein Fall oder ein Problem innerhalb einer in sich abgeschlossenen Episode gelöst wird. Daher sind die Protagonisten dieser Procedurals häufig Polizisten oder Anwälte. Eine Journalistin gab es noch nicht so oft auf einem festen Sendeplatz im deutschen Fernsehen. 

Becker: Die eignet sich aber super, weil eben alles geht. Von Crime über politische Skandale bis hin zur großen Liebesgeschichte. 

Wie viel Beke Rieper steckt in Ihnen?

Peters: Die Redakteurin sagt immer: Du bist doch Beke. Ich kann das ein Stück weit erkennen, zumindest in der Biografie. Von New York nach Jork. Wobei ich ja in Berlin lebe. 

Becker: Beke ist ja wieder bei ihren Eltern eingezogen und so ein bisschen wie ein Teenager. Sie ist zwar selbst Mutter und Anfang 40, aber sie verhält sich ein bisschen so, das finde ich charmant und amüsant. 

Warum kommt das Format so gut an?

Peters: Wir hatten Riesen-Glück, dass wir Felicitas Woll für die Hauptrolle gewonnen haben, die das wirklich, wirklich ausfüllt. Sie ist zu 120 Prozent Beke geworden, ein echter Sonnenschein und gibt dem Format eine große Wärme. Die ersten zwei Filme liefen mit wahnsinnigen Einschaltquoten, das war tatsächlich ein großer Erfolg.

Becker: Hinzu kommt, dass die für uns relevante Presse, nicht das große Feuilleton, aber Publikationen wie TV Spielfilm oder Bild der Frau, die das Zielpublikum erreichen, die ersten Folgen sehr gut besprochen haben. 

Ist das Alte Land ein Erfolgsfaktor?

Peters: Berge und alles, was nordisch wirkt, kommen im Fernsehen gut an. Sobald ein Berg oder ein Deich zu sehen ist, steigen die Erfolgschancen. Das Alte Land ist eine Region, die noch nicht so viel bespielt worden ist, das hat man nicht schon 1000-mal gesehen.

Woher kommt die Faszination für landschaftliche Idylle?

Peters: Es ist zutiefst beruhigend, auf schöne Sachen zu starren. Man muss nichts denken, man darf nur sitzen und gucken. Es transportiert einen so schön woanders hin, man kann reisen, ohne dass es anstrengend ist.

Becker: Man merkt ja bei einem Spaziergang in die Natur, dass man sich gleich viel besser fühlt. Die Natur hat einfach eine beruhigende Wirkung. 

Was lieben Sie persönlich an der Region?

Peters: Was das Alte Land so einzigartig macht, ist, dass es ländlich ist und vom Obstbau geprägt, aber die große weite Welt direkt davorsteht. Viele landwirtschaftliche Gegenden sind komplett isoliert, das Alte Land nicht. Ich kenne das von meinem Opa, der Äpfel und Kirschen in Hamburg auf dem Markt verkauft hat. Als Bauer über die Elbe und plötzlich mitten in der großen Welt. 

„Es ist uns klar, dass wir weit weg sind von der Realität,
es ist ein Märchen.“
Kirsten Peters

Ist das Alte Land in Berlin bekannt?

Peters: Ich war erstaunt, wie viele das nicht kannten. In Zeitungen zum Beispiel wird es manchmal nicht großgeschrieben, sondern mit einem kleinen Adjektiv: Das alte Land. Aber wenn, dann ist es für Äpfel bekannt. Jeder Supermarkt hier hat Apfeltüten mit einem Altländer Fachwerkhaus drauf.

Wie gehen Sie mit der Kritik um, dass die Episoden manches zu klischeehaft zeichnen?

Peters: Ich kriege das mit, wenn ich meine Mutter besuche. Ein Nachbar ist Obstbauer, und der sagt: Was habt ihr euch da nur ausgedacht! (lacht) Es ist uns klar, dass wir weit weg sind von der Realität, es ist ein Märchen. Wir nehmen uns Freiheiten in der Gestaltung. Wir sind ja keine Dokumentare, das ist kein Journalismus-Format.

Becker: Ärzte und Polizisten sagen, sie können keinen Tatort gucken, weil das alles Mumpitz ist. Die meisten Menschen sehen ihre Berufe allerdings nicht ständig im Fernsehen porträtiert, das heißt, sie haben kein Gespür dafür, wie viel da überall erstunken und erlogen ist. Das gilt auch für den Lokaljournalismus. 

Die A26, Erntezeit, Elblotsinnen, der Wolf – wie wichtig ist es, Themen aufzugreifen, die die Region bewegen?  

Peters: Gut sind Geschichten, die berühren oder amüsieren und zugleich relevant für die Gegend sind. Ich schaue regelmäßig in die Lokalzeitung bei meiner Mutter. Der Wolf war ein Riesenthema, ich wollte selbst nachts nicht mehr mit dem Hund raus. Wir suchen alles, was typisch für die Region ist und optisch was hergibt. Elbe, Schiffe, Obstbau, Reetdächer, Fachwerkhäuser. Außerdem muss es zum Herzkino am Sonntagabend passen. Es soll märchenhaftes Wohlfühlfernsehen sein, in dem das Liebesleben von Beke ein wenig mehr im Vordergrund steht als vielleicht in einem anderen Format. 

Becker: Wichtig ist auch, dass Beke die Geschichte hinter einer Geschichte aufdecken kann. Es darf nicht mit einem Anruf alles gelöst sein. Wir brauchen Hindernisse, Wendungen, Facetten, die ermöglichen, dass Beke mehrere Schritte geht.

Haben Sie eine Lieblingsfigur, außer Beke?

Peters: Ich liebe natürlich alle unsere Figuren, aber die Mutter Renate Rieper ist super gelungen. Sowohl die Figur an sich, aber auch die Schauspielerin in der Rolle. Weil sie eine natürliche Komik mitbringt, die die Rolle bereichert. 

Becker: Ja, Renate. Und Paul Harms mag ich auch sehr. 

Und Ihr Lieblingsdrehort?

Peters: Außer mir kommt niemand im Team aus dem Alten Land. Ich versuche heimlich alle Orte, die ich da kenne, unterzubringen. Im dritten Teil „Erntezeit“ wird zum Beispiel in meiner Sparkassenfiliale in Estebrügge der Bankautomat gesprengt. Da freue ich mich einen Keks. Jetzt versuche ich den Friedhof, wo mein Vater und mein Großvater liegen, einzubauen. Toll finde ich auch das Rathaus, das ja das echte in Jork ist. 

Becker: Ich sehe die Obstplantagen gern. Das sieht man ja sonst nicht so, und diese Apfelbaumplantagen sind was ganz Besonderes. Deiche finde ich auch toll.

Peters: Wenn man über den Elbdeich kommt, ist man gefühlt weit weg von der Welt. Wir hoffen immer, dass große Containerschiffe vorbeifahren, wenn wir da drehen. 

Beke Rieper ist durch ihr Scheitern bestimmt. Inwiefern kann die Figur ein Vorbild sein?

Peters: Mich fasziniert die Frage, wo man seine Würde nach dem Scheitern wiederfindet. Beke trägt das Scheitern in sich, das erdet sie, das macht sie demütig. Leute, die sowas durchleben, sind irgendwie sympathischer, da ist so ein Bruch, den sie in sich tragen. Meine Hoffnung ist, dass ihre Geschichte Mut macht.

Begleiten Sie die Dreharbeiten?

Peters: Nee, wir dürften, aber die Wahrheit ist, als Autorin steht man am Set ohne Funktion im Weg. Ich werde aber immer wieder panisch angerufen, um Szenen ad hoc umzuschreiben. Weil einer krank ist oder eine Kulisse nicht zur Verfügung steht. Wir sind also jederzeit involviert.

Zurzeit werden die Folgen 7 und 8 im Alten Land gedreht. Worum es geht? 

Peters: Dazu dürfen wir leider nichts sagen. 


Deichlust

Text: Leonie Ratje · Fotos: Volker Schimkus