DEICHLUST BEGEGNUNGEN: Menschen im Kurzporträt
Sie mordet mehr, als ihr lieb ist. Immer wieder. Über ihre Morde erzählt sie lächelnd. Aber sie verspricht Besserung: „Das geht echt nicht, dass ich so viele Leute um die Ecke bringe.“ Aber es mache halt gute Laune, immer und immer wieder irgendjemanden verschwinden zu lassen.
Belangt wird sie trotz eindeutiger Geständnisse und Indizien nicht, im Gegenteil: Sie könnte dafür belohnt werden, denn Alexandra Kuitkowski ist Schriftstellerin und überzeugte Buxtehuderin. Seit 1998 schreibt sie Bücher, vorwiegend Romane mit Küstenflair, ihr „Blaufeuer“ wurde vom ZDF verfilmt. Doch jetzt wechselt sie das Genre, „Harz aber herzlich“ ist ihr erster klassischer Krimi, der auf den ersten Blick nicht in die literarische Vita von Alexandra Kui zu passen scheint. Aber in ihr Leben, denn „Harz aber herzlich“ ist eine literarische Medizin für die Autorin, die in der Pandemie in eine Schaffenskrise kam. „Ich hatte schlicht die Lust am Schreiben verloren“, sagt sie bei unserem Treffen am Lüheanleger. Eine Schreibblockade, ein psychisches Phänomen, bei dessen Auftreten ein Autor dauerhaft oder vorübergehend nicht in der Lage ist zu schreiben. Wie ein Stephen King, der seine eigenen Blockaden gleich in mehrere Romane eingebaut hat. Wie es dazu kam? Der Tod von Oma und Opa, die allgemeine Stimmung während der Pandemie im Lande. Das Destruktive hatte Oberhand. Oder mit den Worten der Autorin: „Ich hatte die Leichtigkeit in meinem Leben verloren.“ Jene Leichtigkeit, die sie gewohnt war. „Ich kann nie keine Idee haben“, sagt die Wahl-Buxtehuderin zum Entstehen ihrer Schaffenskraft. Sie sehe irgendwas und schreibe es auf. Daraus entstanden dann die alle von renommierten Verlagen verlegten Romane wie: Der Nebelfelsen, Wiedergänger, Die Welt ist eine Scheibe oder eben Blaufeuer, der als „Der Tote im Watt“ für das Fernsehen verfilmt wurde. Ihr bisher größter Erfolg bei bisher fast einem Dutzend Werken.
Zur Heilung ihrer Schaffenskrise hat ein Strandkorbgespräch an der Nordseeküste beigetragen. Beim Krimifestival auf Juist lief ihr der Autoren-Kollege Peter Godazgar über den Weg. In den nassen Strandkorb. Als auch er von seiner fehlenden Schreiblust erzählte, waren sie sich schnell einig: Wir überwinden das mit Lust. Lust auf einen Gute-Laune-Krimi mit vielen Leichen. Weil Alexandra Kui im Harz als Journalistin gearbeitet hat, und Peter Godazgar in der Nähe lebt, war der Tatort schnell für eine kriminalistische Achterbahnfahrt auf 396 Seiten gefunden.
Eine Wiedergeburt. Alexandra Kui lächelt wieder.

Text und Foto: Wolfgang Stephan