Dr. Sebastian Lawrenz ist Chefarzt in der Chirurgie am Elbe Klinikum – genau wie einst sein Vater Dr. Bodo Lawrenz.
„Du musst das nicht machen“ – das sind meist die Worte eines Vaters, wenn der Sohn gedenkt in seine Fußstapfen zu treten. Jurist wird Jurist, Journalist wird Journalist und noch häufiger: Arzt wird Arzt – natürlich alles auch in der weiblichen Form. „Du musst das nicht machen“, sagte auch einst Dr. Bodo Lawrenz zu seinem Sohn Sebastian. Dr. Bodo Lawrenz war viele Jahre Chefarzt der Chirurgie am Buxtehuder Elbe Klinikum. Sohn Sebastian ignorierte die Worte des Herrn und ist heute: Chefarzt der Chirurgie am Buxtehuder Elbe Klinikum.
Eine Familie, zwei Chefärzte in gleicher Funktion: Dr. Bodo Lawrenz möchte das am liebsten nicht besonders hoch hängen, wenngleich er weiß, dass es hochgehängt wird, wenn der Sohn auf den Spuren des Vaters wandelt. Dabei schwört er Stein und Bein, dass er an dieser ungewöhnlichen Entwicklung seines Sohnes weniger beteiligt war als viele andere. Erst einmal habe die Medizin am heimischen Familientisch keine große Rolle gespielt. „Ich habe meine Arbeit gedanklich nicht mit nach Hause genommen“, sagt Bodo Lawrenz, der 1983 vom Bremer Krankenhaus „Links der Weser“ nach Buxtehude kam, um mit seinem Freund Dr. Gert Junker die damals nach vielen Eskapaden des Vorgängers am Boden liegende Chirurgie wieder in ruhiges Fahrwasser zu führen. Spätestens nach fünf Jahren war der Ruf wieder hergestellt, die Zahl der Operationen wurde verdreifacht. Beim Abschied vor knapp 20 Jahren wurde den beiden Chefärzten medizinischer Legendenstatus zugesprochen.
Schon damals mit an Bord ein junger Arzt aus dem Alten Land: Dr. Sebastian Lawrenz, der die Medizin nicht im Blut hatte, aber während seiner Bundeswehrzeit Gefallen an der Idee des Medizinstudiums bekam, was der Vater Bodo erst einmal gut fand. Sebastian Lawrenz, der im Elternhaus im Alten Land aufgewachsen ist, startete sein Studium an der Georg-August-Universität Göttingen, das er 2003 erfolgreich beendete, inklusive eines Auslandsstudienjahres in Spanien mit Stationen in Alicante, Granada und Cordoba. Spätestens danach war klar: „Operateur ist mein Ding“, sagt der 49-Jährige, der mit einer in Hamburg arbeitenden Ärztin und drei Kindern in Buxtehude lebt. Faszinierend an der Chirurgie sei das Zusammenspiel von medizinischem Wissen, Erfahrung und den eigenen handwerklichen Fähigkeiten. Lawrenz: „Wenn man einem Menschen mit den eigenen Händen helfen oder ihn gar heilen kann, ist das ein besonderes und schönes Gefühl.“
Buxtehude war auch seine erste Station als angestellter Arzt. Ermuntert von Gert Junker, dem väterlichen Freund und Patenonkel, startete er als Assistenzarzt, mit dem Ziel, nach einem Jahr zu wechseln. „Das dachten wir alle“, sagt Bodo Lawrenz. Was dann wie und warum den Ausschlag für die Planänderung war, lässt sich nicht genau definieren. Sebastian Lawrenz: „Es passte offensichtlich alles, ich fand die Arbeit am Elbe Klinikum mit dem Team gut, und offensichtlich waren die umgekehrt auch mit mir zufrieden.“ „Der Familienname habe dabei die geringste Rolle gespielt,“ sagt Vater Lawrenz, der auch mit seinem Sohn drei Jahre bis zu seinem Ruhestand 2006 gemeinsam am Operationstisch arbeitete. „Professionell“ beschreiben beide die Zusammenarbeit. Wie oft er vom Sohn um Rat gefragt wurde? „Nicht mehr und nicht weniger als von allen Assistenz- oder Oberärzten“, sagt Bodo Lawrenz, der nach eigenem Bekunden peinlich darauf geachtet habe, den Sohn in keiner Weise zu bevorteilen. Aber als eine harte Schule würde er seine Lehrjahre im Elbe Klinikum nicht bezeichnen, die familiäre Atmosphäre in der Chirurgie sei herausragend gewesen.
Von Buxtehude nach Afrika
2008 legte Sebastian Lawrenz die Prüfung zum Notfallmediziner ab und promovierte mit einer Arbeit am dermatologischen Forschungslabor der Elbe Kliniken. Danach verließ er die Elbe Kliniken, um im Südsudan ein halbes Jahr für die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ zu arbeiten. Vater Lawrenz: „Ich fand das gut.“ Das war nämlich auch eine Parallele zum Vater, der als junger Arzt ein Jahr auf einem Hospitalschiff in Vietnam und ein weiteres Jahr in einem Krankenhaus in Nigeria gearbeitet hatte.
Nach seiner Rückkehr war die Buxtehuder Klinik gedanklich weit weg, Sebastian Lawrenz heuerte im AK Altona an und wurde Facharzt für Viszeralchirurgie (Bauchorgane), Proktologie (Enddarm) und allgemeine Chirurgie.
Räumlich nicht ganz so weit weg vom Elternhaus im Alten Land und der Klinik des Vaters. Dessen Nachfolger Dr. Homajun Massoun bot dem Altonaer Facharzt 2014 eine Stelle als Oberarzt im Elbe Klinikum an. „Ich habe das nur am Rande mitbekommen“, wirft Vater Lawrenz ein. Aber natürlich fand er das auch wieder gut, dass sein Sohn zurück in die Heimat kam. Der hatte nicht unbedingt mit diesem Engagement gerechnet: „Eigentlich war ich auf dem Absprung in die Welt.“
Seit 1. Juli Chefarzt der Chirurgie
Doch fortan lag seine Welt wieder in Buxtehude. Nach neun Jahren Oberarzt folgte 2023 die Beförderung zum leitenden Oberarzt. Offenbar eine strategische Beförderung, denn die Stelle des scheidenden Chefs Homajun Massoun wurde nicht ausgeschrieben. Klinikchef Siegfried Ristau habe ihn zu Jahresbeginn gefragt, ob er die Nachfolge von Chefarzt Massoun antreten möchte, und er habe sofort zugestimmt.
Seit 1. Juli ist Dr. Sebastian Lawrenz neuer Chefarzt der Chirurgie (neben dem in der orthopädischen Chirurgie wirkenden Chefarzt Dr. Wolfram Körner). „Mit Glücksgefühl“, schiebt der neue Chefarzt nach, der seine Vorstellungen im DEICHLUST-Gespräch so skizziert: Besonders wichtig sei für die Bevölkerung eine kompetente Notfallversorgung rund um die Uhr. Darüber hinaus möchte die Chirurgie sowohl den Patienten als auch den niedergelassenen Ärzten als Ansprechpartner in allen chirurgischen Fragen zur Verfügung stehen. Die Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Medizinern möchte er forcieren. Besondere Schwerpunkte in seiner Klinik sind die Erkrankungen des Darmes und des Enddarmes (Proktologie) sowie die Chirurgie der Gallenblasen. Auf der Top-3 der meisten Operationen in der Buxtehuder Chirurgie stehen neben Gallenblasen die Leistenbrüche und Blinddärme. Dr. Sebastian Lawrenz befragt nach seinem Gemütszustand nach acht Wochen als Chef: „Ich bin rundum glücklich.“ Das strahlende Lächeln und die funkelnden Augen des Vaters lassen einen ähnlichen Glückszustand erahnen.

Text: Wolfgang Stephan · Fotos: Volker Schimkus

