Geschäftsmann Grischa Kaflowsky aus Kiew ist das Gesicht der Ukraine-Hilfe in der Region. Er pendelt immer wieder zwischen dem Kriegsgebiet und Assel. In diesem Sommer hat er wieder einen Hilfstransport aus dem Landkreis Stade in sein Heimatland begleitet.
en 24. Februar 2022 wird Grischa Kaflowsky nie vergessen. Die russische Armee überfiel die Ukraine, in seiner Heimatstadt Kiew gab es erbitterte Straßenschlachten. Sein Sohn Sascha, ein IT-Spezialist, meldete sich freiwillig für den Militärdienst. Seine Tochter Marjana, gelernte Kosmetikerin, hilft seither in einem Krankenhaus. Kaflowsky floh mit seiner Frau Halyna und den Enkeln in den Landkreis Stade. Seit den 1990er- Jahren ist der ehemalige Oberstleutnant der Sowjetarmee im Osteuropa-Geschäft für Firmen aus dem Westen tätig, hat gute Kontakte in den Landkreis Stade. In Assel fand er eine Bleibe, nennt Kehdingen längst sein zweites Zuhause.
Immer wieder reist Kaflowsky aus dem sicheren Norddeutschland in seine umkämpfte Heimat. Meist hat er dringend benötigte Hilfsgüter im Gepäck, liefert sie bei Rettungswachen oder in Krankenhäusern persönlich ab. Er schaut in seinem Haus bei Kiew nach dem rechten, und er besucht seinen Sohn an der Ostfront – erst in Bachmut, später in Charkiw. Der junge Mann entging mehrmals nur knapp russischem Beschuss. Das hatte Folgen, derzeit ist er in einer längeren Heilbehandlung in Lwiw im Westen des Landes.
Im Frühjahr nutzte Grischa Kaflowsky seine internationalen Kontakte, um Stromaggregate aus China zu importieren, denn: „Die Russen greifen vor allem die Energieinfrastruktur an.“ Der Strom werde schon jetzt stark rationiert, die Angst vor dem nächsten Winter sei in der Ukraine groß. Damit die Notfallrettung aufrechterhalten werden kann, sind viele Standorte auf Notstrom angewiesen. Hundert mobile Aggregate hat Kaflowsky beschafft – und an Feuerwachen in Kiew und Lwiw verteilt. Mit einem Sattelzug lieferte er die acht Tonnen schwere Fracht selbst aus. Während seiner Reise durchs Land sah er viele Militärtransporte auf Autobahnen und Bahnstrecken mit westlichem Material, um das die ukrainische Regierung immer wieder gebeten hatte. „Es geht voran“, sagt Kaflowsky. „Wir müssen durchhalten.“
Wichtige Unterstützer fand Kaflowsky bei den Einsatzkräften des Katastrophenschutzes im Landkreis Stade. Im August gingen sie wieder mit ihm auf Reisen. 20 Ehrenamtliche aus Feuerwehren, Deutscher Lebensrettungsgesellschaft und Deutschem Roten Kreuz haben fünf Fahrzeuge, ein großes Stromaggregat auf einem Anhänger und etliche Tonnen Hilfsgüter an die polnisch-ukrainische Grenze gebracht. Elf Fahrzeuge umfasste der Blaulicht-Konvoi, der im Auftrag von Landrat Kai Seefried gestartet war. Drei Tage waren die Freiwilligen unterwegs. Während die Stader die Heimreise antraten, haben Kaflowsky und seine ukrainischen Helfer den Transport in das kriegsgebeutelte Land gebracht. 40.000 Euro kamen im Vorfeld dieses fünften Hilfstransports an Spenden zusammen. Viele Einsatzfahrzeuge und Material im Wert von mehreren Hunderttausenden Euro wurden seit dem russischen Überfall auf die Ukraine aus dem Landkreis Stade gespendet.
„Solange dieser Krieg dauert, werden wir euch zur Seite stehen“, versprach Einsatzleiter Wilfried Sprekels, Chef der Feuerwehr- und Rettungsleitstelle des Landkreises, bei der Übergabe der Spenden.
Noch während ihrer Rückfahrt erreicht die Einsatzkräfte ein Video aus der Ukraine: Das am Vortag übergebene Feuerwehrfahrzeug hat bereits seinen neuen Bestimmungsort erreicht. Es wird jetzt von den Feuerwehrleuten in Tschabany, einem Vorort von Kiew, genutzt. Deren Fahrzeug wurde im Frühjahr von Splittern einer russischen Rakete schwer beschädigt. Mit der Spende aus dem Kreis Stade haben sie einen sofort einsatzbereiten Ersatz bekommen. „Das ist humanitäre Hilfe, die ankommt“, sagt Sprekels. „Gemeinsam sind wir stark. Mit der Hilfe aus meinem zweiten Zuhause konnten wir schon viele Menschenleben retten“, betont Kaflowsky. Er hat den Einsatzkräften ein Versprechen gegeben: „Wenn der Krieg vorbei ist, dann zeige ich euch meine Heimat. Die Ukraine ist ein wunderschönes Land. Wir werden nicht zulassen, dass die Russen es zerstören.“
Spendenkonten
Die Hilfsaktion unter der Schirmherrschaft von Landrat Kai Seefried soll weitergehen. Spenden können unter dem Stichwort „Ukraine- Hilfe Landkreis Stade“ auf folgende Konten eingezahlt werden:
- DRK-Kreisverband Stade Flüchtlingshilfe gGmbH,
- IBAN: DE 91 2419 1015 1009 3346 00
- Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. – Regionalverband Bremen-Verden,
- IBAN: DE 16 3702 0500 0004 3107 18
Text und Fotos: Daniel Beneke*
*Daniel Beneke ist Pressesprecher des Landkreises und hat den Konvoi begleitet.