(c) Volker Schimkus

Streife auf der Elbe: Umweltschützer in Uniform

Atemberaubend. Die blonde Mähne im Fahrtwind. Mit 225 PS auf der Elbe. Mit 90 Stundenkilometern durch das Wasser. Höchstgeschwindigkeit. Das Fernglas im Anschlag. Jede Welle ein Vergnügen. Kein Job wie jeder andere. Ein Traumjob. Jedenfalls für Perdita Pfennig. Ihr Nervenkitzel hält sich in Grenzen, sie weiß sich in sicheren Händen bei ihrem Chef Hannes Pfeiffer, der das Speed-Boot durch die Wellen steuert. Gerne auch bei eckigem Wetter. Auf Streife. In der Elbe.

„Andere zahlen für so eine Tour viel Geld“, sagt Perdita Pfennig, die im Gegensatz zu den anderen für ihr Elb-Abenteuer noch Geld bekommt. „Ich weiß das zu schätzen“, sagt die 27-Jährige, die Kommissarin bei der Wasserschutzpolizei in Stade ist – in einem Revier, das an die Wasserschutzpolizeiinspektion Oldenburg angegliedert ist und das Hauptkommissar Hannes Pfeiffer leitet. Gut ein Dutzend Beamte sind im Schichtdienst im Einsatz, immer auch bedarfsorientiert nach der Einsatz- und Veranstaltungslage. Die Stader sind zuständig für die Nebenflüsse der Elbe, Schwinge, Lühe und Este und den Stader Seehafen; im Hauptfahrwasser der Elbe agieren die Hamburger Kollegen. Fluch und Segen gleichermaßen, denn die medienwirksamen Einsätze auf der Elbe fehlen, andererseits sehen sie sich besonders einer anderen Mission verpflichtet: dem Schutz der Umwelt. „Unser Hauptaufgabengebiet ist die Kontrolle der Schiffe im Stader Seehafen“, sagt Hannes Pfeiffer. Dazu kommen Kontrollen von Seeschiffen und Sportbooten. 

Eine spezifische Kontrolle, denn gefahndet wird nach Umweltdelikten, oder wie der Revierleiter sagt: „Wir kontrollieren die Einhaltung umweltrechtlicher Bestimmungen nach nationalen und internationalen Vorschriften.“

Ein Job der etwas anderen Art von Polizeiarbeit, denn kontrollieren bedeutet in erster Linie: Papierkram bearbeiten. Welche Schiffe  wann im Seehafen überprüft werden, ergibt sich aus der Besetzung des Reviers. Mit dem Streifenwagen geht es dann über Land zum Stader Hafen und an Bord. Unangemeldet.

„Wir werden meist freundlich empfangen“, sagt Roland Schrimpf, einer der erfahrensten Polizisten der Waschpo in Stade.

Der 57-jährige Oberkommissar arbeitet seit 25 Jahren im Revier in Stadersand, nachdem er zuvor viele Jahre auf Streife in der Hauptstadt unterwegs war. „Der Job war gut, aber ich wollte nicht, dass meine Kinder in Berlin aufwachsen“, sagt er mit Erinnerung an das Berliner Milieu. Dienstwaffe und Handschellen gehören auch zu seiner Dienstausstattung bei der Wasserschutzpolizei, deren Gebrauch aber eher die Ausnahme ist. „Wir bewegen uns vor allem in trockener Theorie“, sagt Perdita Pfennig. Wenn sie mit dem Kollegen an Bord eines Schiffes geht, ist vor allem Papierkram angesagt. Respektvoll bezeichnet sie den Umgang an Bord. Im Büro des Kapitäns kontrollieren die Wasserschutzpolizisten die Zertifikate und die Tagebücher, in denen sie beispielsweise die Entsorgung von Abfällen wie Ölschlamm oder Müll vermerken. Gibt es Auffälligkeiten, schärfen die Polizisten die Sinne.

Er ist einer der erfahrensten Polizisten bei der Wasserschutzpolizei in Stade: Roland Schrimpf. 

Wissen, Erfahrung, Routine und Gespür – mit diesen Voraussetzungen gehen sie in die Kontrollen, die mehr als Routine seien, denn die Bestimmungen würden nicht nur immer strenger und umfangreicher, sondern auch komplizierter, weil es jede Menge Vorschriften gebe, die je nach Route wechseln, erklärt Hannes Pfeiffer. So darf beispielsweise ein Schiff, das international unterwegs ist, anders entsorgen oder Abfälle mitführen als ein Schiff, das innerhalb der EU unterwegs ist. „Es ist zwar eine trockene Materie, aber spannend“, sagt Perdita Pfennig. „Letztlich freuen wir uns, wenn alles in Ordnung ist“, fügt die Kommissarin hinzu. Umgekehrt allerdings sind sie befugt, Bußgeldverfahren einzuleiten und dafür Gelder als Sicherheitsleistung auf dem Schiff zu verlangen,  Das können auch schon mal 50.000 Euro sein. Wobei die schweren Vergehen eher die Ausnahmen seien, bilanziert Revierleiter Pfeiffer, der seine Crew als „Umweltschützer auf See“ sieht. „Weil es uns gibt, werden die Gesetze und Regeln immer penibler eingehalten.“

Bis zu vier Stunden dauert eine Kontrolle auf einem Schiff. Mit Vor- und Nachbearbeitung fast ein Arbeitstag, der damit wenig Raum für das lässt, was Perdita Pfennig als Traumjob bezeichnet: Die Streife auf dem Wasser. „Das hat schon was, in der Schwinge gen Stade zu gleiten und im Stader Stadthafen Sportboote zu kontrollieren“, sagt auch Roland Schrimpf, der zwar in seinen vielen Dienstjahren auch mit der ein oder anderen Wasserleiche konfrontiert war, aber insgesamt froh ist, die etwas andere Polizeiarbeit zu verrichten.

„Ich würde uns gerne noch mehr Zeit für die Streife wünschen“, sagt Revierchef Hannes  Pfeiffer. Nicht weil der Spaßfaktor hoch sei, vielmehr um die Gewässer sicherer zu machen.

Von betrunkenen Bootsführern, aber auch von zu wagemutigen Surfern oder Speedboot-Fahrern. Die mussten bei unserem Fototermin freundlich ermahnt werden, dass sie im Stader Seehafen nichts zu suchen haben. Apropos: Im Jahresbericht des Stader Wasserschutz-Reviers wird in diesem Jahr auch ein besonderer Einsatz vermerkt sein: Die Suche auf der Oste nach dem verschwundenen Arian. „Ein Einsatz mit gemischten Gefühlen“, sagt Perdita, denn dass sie den Jungen lebend im Wasser finden, sei unwahrscheinlich gewesen. Die andere Variante ist ihnen erspart geblieben.

Zurück zur Routine. „Ich weiß, dass wir mitunter als Wasserschutzpolizisten von den Kollegen an Land belächelt werden“, merkt Roland Schrimpf an. Diese Erfahrung hat die Staderin Perdita Pfennig noch nicht gemacht. „Hey, wir sind erst einmal an der Polizeiakademie gut ausgebildete Polizisten – wie alle anderen auch“, sagt sie, um dann zu ergänzen: „Um unsere vielfältigen Zusatzqualifikationen müssten wir eigentlich beneidet werden.“ Durch die Ausbildung in den Bereichen Maschinentechnik, Radar, Gefährliche Güter/Umweltschutz werde ein fachspezifisches Wissen erreicht, mit dem die Wasserschutz-Crew eine Ausnahmestellung im Polizei-
dienst habe. Und ein Bootsführerschein gehört für Streifenpolizisten auch nicht zur Ausbildung.

Deichlust

Text: Wolfgang Stephan · Fotos: Volker Schimkus