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Zweierlei vom Weideochsen aus dem Dorfgasthof von Michael Voss

Koch Michael Voss wird nachgesagt, dass er hoch stapelt. Er ist kein Hochstapler im klassischen Sinne. Er ist ein Türmebauer. Seine Kreationen müssen immer hoch hinaus, für die Optik, für den Wow-Moment. Wenn das Glückstädter Matjesfilet mit frischem Sauerrahm, Apfel und Zwiebel auf dem Kartoffelrösti übereinander gestapelt wird, kann die Rote Beete nur mit rechteckigem Auftreten auffallen. Und das tut sie. Unser DEICHLUST-Menü kommt in dieser Ausgabe aus dem Hof Bellmann in Nottensdorf. Im Schichtdienst.

Text: Mona Adamas · Fotos: Volker Schimkus

Spätestens wenn die geschmolzene Vollmilchschokolade zu gebrannter Haselnusscreme und Altländer Birnensorbet in Form eines Kabelsalats auf den Tisch kommt, fragt sich der Gast, ob er wirklich in einer Dorfkneipe sitzt. Nichts anderes sind sie, das beteuern das Gastronom-Ehepaar Michael und Antje Voss ständig. „Wir sind eine Dorfkneipe mit frischem Blut“, ergänzt die gelernte Finanzbuchhalterin, die seit drei Jahren am Tresen des Hof Bellmann steht: im Traditionslokal an der Alten Dorfstraße in Nottensdorf.

Frisches Blut ist in diesem Fall ein 140-Gramm-Filet vom Black Angus Rind mit Sea Tiger Prawn, Kartoffelgratin und Trüffeljus und heißt Surf and Turf. Oder Nottensdorfer Cheese, ein Cheeseburger mit hochwertigen Zutaten aus hundertprozentigem Rindfleisch mit doppelt Cheddar. 

Als Michael und Antje Voss von den Eigentümern Anja und Dierk Heins gefragt wurden, ob sie das Restaurant übernehmen wollen, waren die beiden Altländer keine Unbekannten im Ort. Schon längst bestückten sie mit ihrem „Catering Voss“ an mehreren Wochentagen die Küche. Seit 2015 betreibt der Koch mit Unterstützung seiner Frau das Catering-Unternehmen mit authentischer saisonaler Küche. Aus 1001 Gerichten kann der Gast für Firmenfeiern, Hochzeiten, Geburtstagen, Taufen oder Weihnachtsfeiern seine Lieblinge zusammenstellen. 

Jetzt aber so richtig Restaurant: Michael und Antje Voss zögerten nicht lange. Der Pachtvertrag im Hof Bellmann wurde auf unbestimmte Zeit ausgestellt, und die Mitarbeiterinnen übernommen. Seit 2021 öffnet das zehnköpfige Team unter Leitung der neuen Pächter dienstags und donnerstags im normalen Restaurantbetrieb und an den restlichen Wochentagen weiterhin als Veranstaltungsort. 

Ihr Anspruch: die Stammgäste nicht verschrecken. Die Gäste schätzen Ambiente, Service und Essen gleichermaßen. Weiterhin stehen Currywurst Pommes, Flammkuchen oder der gebackene Camembert auf der Karte. Es gibt aber auch Saisonangebote wie aktuelle Tagesempfehlungen mit Pfifferlingen oder die Wildkarte im Herbst/Winter. Norddeutsche Hausmannskost, nennen sie ihr Repertoire. Aber alles mit Raffinesse und einer eigenen Kreativität. Und so kamen zu den Stammgästen auch neue hinzu. 

Viele kennen Michael Voss aus Buxtehude, viele kennt Michael Voss aus Buxtehude.

Die Buxtehuder waren neugierig. Anfang 2000 hatte der gebürtige Buxtehuder am Ostfleth 10 das beliebte Restaurant Voss, bevor es ihn nach fünf Jahren weiter zog. Der Grünendeicher hat in seiner Karriere in vielen verschiedenen Küchen aus frischen und regionalen Zutaten optisch ansprechende und qualitativ hochwertige Gerichte kreiert. Seine Ausbildung machte er im Hotel zur Mühle in Buxtehude. Er war Souschef in der Weinwirtschaft des Hotels Louis C. Jacob an der Elbe, Souschef im Hofbräu an der Alster und später nebenan Jungkoch im Hotel Vier Jahreszeiten. Auf seine Zeit als Chef de Partie im Tafelhaus bei Christian Rach blickt er besonders positiv zurück. 

Voss: „Ich habe so viel von Christian Rach gelernt“

Rach war für ihn viel mehr als nur ein Chef. „Er war auch ein toller Kollege“, so der Koch. Aus all seinen Küchenstationen entwickelte er seinen eigenen Stil, den er als klassisch modern beschreibt. Damit nicht genug. Seit einem Jahr führt der Gastronom in Buxtehude im Unilever-Werk ein Betriebsrestaurant für Mitarbeiter und externe Gäste. In knapp drei Stunden servieren sie dort täglich um die 220 Gerichte. Mit Joshua Jeske hat er in der Küche einen Partner an der Seite, mit dem er kreativ werden kann. Das aktuelle DEICHLUST-Menü gestalteten die Beiden gemeinsam aus dem Bauch heraus. Das Vosssche Bauchgefühl verrät eindeutig die Vorlieben von Voss. „Ich esse gerne Matjes.“ Ergänzt mit frischem Sauerrahm, Apfel und Zwiebel auf einem knusprigen Kartoffelrösti ergibt das die Vorspeise. Und: „Ich esse gerne Rinderfilet.“ So einfach kann es sein. Michael Voss und sein Küchen-Kumpane Joshua Jeske kombinieren im Hauptgang geschmorte Bäckchen und Filet des norddeutschen Weideochsen mit getrüffeltem Rahmkraut und Kartoffel-Kürbisgratin in einem Bett aus Portweinsauce. 

Alles natürlich getreu dem Motto: Hoch hinaus. 

Ja, Türmchen macht er gerne“, weiß Ehefrau Antje Voss. Gemeinsam leben die beiden seit 13 Jahren in Grünendeich. Sie hat nicht nur die Teller-Türme ihres Mannes im Blick. Sondern schaut über seinen Tellerrand. Zum Beispiel wie Gesellschaften bis 60 Personen im Hof Bellmann Platz nehmen können, und auch wie sie ein paar mehr noch unterbekommt. „Wer ein DEICHLUST-Menü will, soll das bitte  vorbestellen“, will sie Stress in der Küche vorbeugen — Und Engpässe im Restaurant: Reservieren wäre sowieso gut. 

Schon in der Jugend jobbte sie in der Gastronomie, bevor sie dann in die Finanzbuchhaltung wechselte. Die macht sie immer noch, für „Catering Voss“. Doch darüber hinaus ist sie noch so viel mehr — am Tresen, im Büro, am Empfang oder im Service, Sie ist die gute Seele des Hauses, immer mit einem Lächeln, herzlich und gut aufgelegt. Sie ist es auch, die das Kneipenquiz und die Bingo-Abende ins Leben gerufen hat. Einfach, weil sie es selber so gerne mag. Gäste und Mitarbeiter buhlen darum, dabei zu sein. 

Wer das Ehepaar Voss erlebt, merkt schnell, dass sie mit Leidenschaft dabei sind und vor allem das auf den Tisch kommt, was ihnen gefällt. 

www.hof-bellmann.de

Das DEICHLUST-Rezept aus dem Hof Bellmann

Deichlust