Wilhelm Stubbe

DEICHLUST BEGEGNUNGEN: Menschen im Kurzporträt

Wilhelm Stubbe ist nicht gleich Wilhelm Stubbe. Gerade nicht in Jork. Wilhelm Stubbe ist in Westerjork groß geworden. Sein Vater hieß Wilhelm Stubbe. Sein Großvater hieß Wilhelm Stubbe. Sein Sohn – der dann auch. Heute ist Wilhelm Stubbe 87 Jahre, vierfacher Vater, achtfacher Großvater, fünffacher Urgroßvater, Witwer, und doch nicht alt zu kriegen. Er ist reich an Erinnerungen und ein Geschichtenerzähler bis ins Detail. Sein Motto „Wer rastet, der rostet“ hat ihn fit gehalten. Er hat einen ordentlichen Ehrgeiz, das sagt er selber. Dieser sorgte dafür, dass er in der Grundschule als einziger Junge vor der Klasse alleine vorsang, weil er wusste, dass er sonst wie all seine männlichen Klassenkameraden eine Vier kassieren würde. Das hätte zwischen den Einsen nicht gut ausgesehen. Während er die Schularbeiten auf dem Bierwagen machte, zwischen Kuhmelken und Äpfelpflücken, blieb das Klavierüben — jeden Mittwoch hatte er Unterricht — auf der Strecke. Seine Grundkenntnisse reichten dennoch aus, und so wechselte er als Jugendlicher zum Akkordeon. Heute ist das Schifferklavier sein Markenzeichen. Mit einer Besonderheit: „Ich singe nicht, ich spiele nur“. Und das tut er rege. Er ist schließlich Mitglied in 22 Vereinen der Region und in denen mit beeindruckenden Laufzeiten von bis über 70 Jahren. Sein Terminkalender ist voll. Generalversammlung der Shantys, Kegelabend im Hollerner Hof oder Clubtreffen der Lions Altes Land. Letzteres ist seine Herzensangelegenheit. Seinen Löwen ist er als letztes aktives Gründungsmitglied immer treu geblieben – sie nennen ihn „den letzten Mohikaner“ – und er kommt zu jedem Treffen.

Der Clubabend am Montag fand wie immer in „seinem“ Fährhaus Kirschenland statt. Den Gastronomiebetrieb in Wisch an der Elbe kaufte Wilhelm Stubbe 1970 in desolatem Zustand und machte ihn zu einer der erfolgreichsten Veranstaltungslocations der Region, bevor er ihn nach fast 50 gemeinsamen Jahren 2017 verkaufte. Mehr als 4.000 Hochzeiten sind während seiner Ära über die Bühne gegangen. Wilhelm Stubbe ist dort noch ab und an. Zu Gast. Viele Vereine feiern ihre Jahresbälle; Kirche und Landfrauenverein laden zu ihren Veranstaltungen. Es heißt, nahezu jede Altländerin und jeder Altländer, ob alteingesessen oder neu hinzugezogen, haben sich hier schon einmal tüchtig amüsiert, gegessen und getrunken, getanzt und gesungen, kurz unvergessliche Stunden und Nächte zugebracht. Und mit Sicherheit saß das ein oder andere Mal Wilhelm Stubbe an ihrer Seite. Mit Akkordeon und Anekdoten. Ein wahrer Genuss, ihm zu lauschen.

Deichlust

Text: Mona Adams · Foto: Volker Schimkus