Ein Besuch mit Sven Heinsohn auf dem Hamburger Großmarkt – „Global Fruit Point“ aus Buxtehude handelt mit Früchten aus aller Welt.
Trauben aus Südafrika, Blaubeeren aus Peru, Avocados aus Kenia, Zitronen aus Argentinien, Mangos aus Costa Rica, Melonen aus Brasilien, Ingwer aus China – das Buxtehuder Unternehmen Global Fruit Point ist auf dem Weltmarkt zuhause. Als Direktimporteure und Fruchtagentur haben sich Sven Heinsohn und Matthias Neuel auf den Handel mit Überseefrüchten spezialisiert. Dass die Zwei aus dem Alten Land auch Äpfel aus Übersee importieren, versteht nicht jeder im Alten Land. „Unser emotionales Thema“, sagt Sven Heinsohn.
Hamburger Großmarkt, 5.58 Uhr, an einem beliebigen Augusttag. Sven Heinsohn wird von seinem Mitarbeiter Marc Blancke erwartet, Treffpunkt am Stand von „Lührs Fruchtgroßhandel“. Die Begrüßung von Firmenchef Ralf Lührs und Sohn Philipp ist freundschaftlich, in dieser Branche werden Beziehungen gepflegt. Der Fruchtgroßhändler aus Dollern ist einer von fünf Geschäftspartnern auf dem Hamburger Großmarkt. Global Fruit Point liefert, Lührs verkauft an die Händler auf den Wochenmärkten oder Einzelhändler in der Region. Was, wieviel und zu welchem Preis, ist offen. „Verträge gibt es nicht, es zählt der hanseatische Handschlag“, sagt Sven Heinsohn. Bei unserem Besuch sind es vor allem Äpfel aus Übersee, die Global Fruit Point geliefert hat: „Kanzi“ und „Pink Lady“. Für die frischen Clementinen aus Südafrika muss Marc Blancke erst noch Überzeugungsarbeit leisten. Clementinen im August? Der Preis ist letztlich das Argument für das Geschäft. Geliefert wird am nächsten Tag. „Ich kann nicht, ich will nicht, gibt es nicht bei uns, wir finden immer eine Lösung“, sagt Marc Blancke zu seiner Philosophie. „Unsere Geschäftsbeziehungen sind von einer großen gegenseitigen Partnerschaft geprägt“, betont Sven Heinsohn, der auf dem elterlichen Obsthof groß geworden ist und nach einer Lehre als Groß- und Einzelhandelskaufmann über das Betriebswirtschaftsstudium an einer Berufsakademie zum Fruchthandel gekommen ist. „Frucht-Kaufmann“ ist seine Antwort auf die Frage nach seinem Beruf.
Je nach Saison bietet der Importeur seine Früchte aus aller Welt an, von November bis Juli sind es vorwiegend Tafeltrauben, die 40 Prozent des Gesamtumsatzes von Global Fruit Point ausmachen, der bei 200 Millionen Euro im Jahr liegt. Die Trauben werden zu einem Großteil aus Südafrika geliefert, das Land am Kap steht auf der Liste der Gesamt-Importe des Buxtehuder Unternehmens ganz oben. 65 Prozent des Umsatzes werden mit Produkten aus Südafrika erzielt. Das hat zwei Gründe: „Klimatisch können die Südafrikaner alles produzieren, was es in der Welt gibt, und außerdem ist der logistische Weg sehr kurz.“ Von Kapstadt bis Rotterdam sind es auf dem Seeweg drei Wochen, aus Chile fünf Wochen, aus Neuseeland sechs bis sieben Wochen. Aber auch aus Brasilien, Peru, Indien und Ägypten werden Trauben importiert. Von Farmern vor Ort, die als Produzenten auch die Ware verpacken und exportieren können. Warum Rotterdam? „Weil der logistische Weg nach Rotterdam einfacher ist und weil die Holländer große Verteilungszentren unterhalten.“ Deshalb hat auch Global Fruit Point in Rotterdam das Hauptlager mit sieben Beschäftigten, in dem bis zu 7.000 Paletten gelagert werden. Umgeschlagen werden jährlich 100.000 Paletten in bis zu 4.500 Containern.
Von Holland aus werden die Früchte ausgeliefert, die Großmärkte machen dabei nur einen kleinen Teil des Warenflusses aus. „Wir sind in erster Linie ein Lieferant für den Lebensmitteleinzelhandel“, sagt Heinsohn. Lidl, Aldi, Edeka und Rewe sind die großen Handels-Player, die 86 Prozent des Marktes bestreiten. Am Rest sind kleinere Handelsketten wie Familia oder Globus beteiligt, die Großmärkte spielen in Deutschland – im Gegensatz zu Ländern wie Italien oder Spanien – dabei eine Nebenrolle: Mit leicht abnehmender Tendenz, was sich in Hamburg allein in der Fläche zeigt: In eine der großen Hallen im Stadtteil Hammerbrock wurde mittlerweile eine Musical-Stätte integriert.
Gleichwohl sei die Rolle der Großmärkte für den regionalen Markt enorm wichtig, denn Markthändler, aber auch selbstständige Einzelhändler, kauften ihre Waren direkt vor Ort. Beispielsweise beim Familienunternehmen Lührs aus Dollern, das in der 4. Generation noch von Ralf und in einigen Jahren von Sohn Philipp Lührs gemanagt werden wird. Für viele wäre alleine ihre Arbeitszeit ein Gräuel: „Ich bin meist ab 22 Uhr bis gegen 10 Uhr am nächsten Morgen vor Ort“, sagt Philipp, dessen Vater beiläufig ergänzt: „Ich mache das seit 30 Jahren.“
Und seit vielen Jahren mit Global Fruit Point als einem der Importeure, die auch Äpfel liefern, was im Alten Land oft auf Unverständnis stößt. „Das Thema wird gerne emotional diskutiert“, sagt Sven Heinsohn. Dabei werde nach nüchterner Betrachtung deutlich, dass Global Fruit Point keinerlei Konkurrenz zum heimischen Obstanbau sei und auch nicht sein will, sagt Sven Heinsohn, und: „Wir handeln mit Apfelsorten, die es im Alten Land nicht oder nicht immer gibt“, so seine Erklärung. Mit Sorten wie „Pink Lady“, „Jazz“ oder „Granny Smith“ würden die Lücken im Handel geschlossen, die im deutschen Markt im Sommer entstehen, bei gleichzeitig großer Nachfrage des Handels. „Die Verbraucher wollen ganzjährig ihr vielfältiges Apfelsortiment haben.“
Wobei es auch Kooperationen gibt, so werden in der Packstation von Elbe Obst in Apensen importierte Äpfel von Global Fruit Point verpackt. Sven Heinsohn: „Tatsächlich spielen Äpfel in unserem Sortiment aber eine untergeordnete Rolle.“ Im Ranking der importierten Früchte stehen hinter den 40 Prozent Trauben rund 30 Prozent Citrusfrüche und zehn Prozent Avocados, der Rest verteilt sich auf die ganze Bandbreite, von Birnen, Blaubeeren über Mangos bis hin zu Granatäpfeln – alles geliefert von rund 2.000 Farmen in aller Welt. „Und alles penibel getestet,“ fügt der Chef an. Bis zu 2.500 Laboruntersuchungen als Voraussetzung für die Zertifizierung der Waren stehen jährlich in der Bilanz des Buxtehuder Unternehmens, das am Standort in der Bahnhofstraße mit 25 Beschäftigten arbeitet – im Großraumbüro mit den Chefs auf Du und Du.
Wobei Matthias Neuel (Foto), der als Mit-Inhaber für Finanzen, Personal, IT und Administration zuständig ist, die deutlich längeren Bürozeiten in der Jahresbilanz hat, denn Sven Heinsohn ist als Verantwortlicher für Import und Vertrieb bis zu drei Monaten in aller Welt unterwegs, gleichwohl auch im Alten Land beheimatet und verankert. Der Manager gehört zu den wenigen Spezies seiner Berufsgattung, die auch in der Kommunalpolitik aktiv sind, seit 2021 sitzt der 50-Jährige für die CDU im Jorker Gemeinderat. Nach zwei Jahren ist er um diese Erfahrung reicher: „Früchte aus Südamerika zu importieren ist einfacher.““