Das Hochwasser zum Jahreswechsel bleibt nicht folgenlos: Ein Gutachten soll das Fließverhalten der Lühe zwischen Horneburg und dem Sperrwerk an der Elbe darstellen. Auf Basis dieser Daten sollen dann konkrete Maßnahmen entwickelt werden. Das ist ein Ergebnis der Beratungen von Vertretern von Kreisverwaltung, Kommunen, Feuerwehren, Deichverbänden, Wasser- und Bodenverbänden sowie Landes- und Bundesbehörden am Dienstag im Kreishaus.
Landrat Kai Seefried und Kreisbaurätin Madeleine Pönitz hatten zu dem Termin eingeladen, um gemeinsam Lehren aus dem Lühe-Hochwasser Ende Dezember 2023 zu ziehen. Verwaltungsvertreter der Samtgemeinden Harsefeld, Horneburg und Lühe und der Gemeinde Jork waren ebenso dabei wie Einsatzkräfte der Feuerwehr und Verantwortliche der Deichverbände, Wasser- und Bodenverbände sowie von Landes- und Bundesbehörden. „Das, was wir über die Weihnachtsfeiertage erlebt haben, war für alle Beteiligten eine sehr herausfordernde Situation“, resümierte Landrat Kai Seefried, der an den Feiertagen auch selbst vor Ort war und an Lagebesprechungen teilgenommen hatte. Er wies auf „ganz unterschiedliche Verantwortlichkeiten“ bei Prävention und Schadensbekämpfung hin. So sollte das Treffen auch Klarheit schaffen, wer wann zuständig ist und wer welche Aufgaben übernehmen muss.
Laut Kreisbaurätin Madeleine Pönitz sind gemeinsam mit den Deichverbänden und Feuerwehren die Informations- und Meldeketten überarbeitet worden. In der vergangenen Woche hat das Amt Wasserwirtschaft und Küstenschutz zudem die mehr als 500 Haushalte im Überschwemmungsgebiet an der Lühe per Brief über die in dem Areal geltenden besonderen Pflichten zur Selbstvorsorge informiert. Eine entsprechende Verordnung gilt seit 1974.
Der Landkreis Stade werde sein Angebot an gedruckten und digital bereitgestellten Informationen für die Bevölkerung in potenziell von Hochwasser und Überschwemmungen bedrohten Gemeinden im Kreisgebiet stetig ausweiten und damit die Kommunen vor Ort unterstützen, kündigte Pönitz an. Mit der Samtgemeinde Lühe werde zudem über die Schaffung eines lokalen Ansprechpartners gesprochen, der Anwohner für Hochwasserschutzmaßnahmen sensibilisieren und sie beraten soll. Die Deichverbände haben die für das Schließen von Deichscharten zuständigen Anrainer bereits kontaktiert und abermals auf ihre persönliche Verantwortung hingewiesen.
Die positive Bilanz: Die nach dem Jahrhunderthochwasser 2002 getroffenen Schutzvorrichtungen im Bereich Horneburg wie der Überlaufpolder am Bullenbruch entfalten ihre Wirkung. Zur Fertigstellung der Hochwasserschutzanlagen am Bullenbruch sind unter anderem zwei neue Schöpfwerke geplant. Die Zusammenarbeit mit den Sperrwerkswärtern vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) ist eng und effektiv, die Schließzeiten des Lühe-Sperrwerks konnten kurzfristig abgestimmt werden. Peilungen des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Elbe-Nordsee (WSA) ergaben, dass die Lühe über ausreichend Tiefgang verfügt. Seitens des NLWKN wird kurzfristig dafür gesorgt, dass vorhandene Pegel (z. B. in Hollenbeck) automatisch ihre Daten in die Feuerwehr- und Rettungsleitstelle des Landkreises senden. Die Katastrophenschutzexperten in der Stader Kreisverwaltung haben einen neuen Alarmierungsplan entwickelt.
Einige Punkte stehen jetzt auf der Agenda: Seitens der Samtgemeinde Lühe werden die Auswirkungen einer Brücke in Guderhandviertel im Verlauf der Straße „Neuhof“ bewertet, deren Widerlager nebst Spundwänden in den Fluss ragt. Die Horneburger Verwaltung regt den Bau eines Sandfangs im Bereich der Bundesstraße 73 an, das Amt Wasserwirtschaft und Küstenschutz in der Kreisverwaltung wird die zuständigen Akteure an einen Tisch bringen. Der Flecken Harsefeld plant den Bau eines weiteren Regenrückhaltebeckens und hat die Fortschreibung seines Entwässerungskonzeptes beauftragt. Eine etwaige zusätzliche Regenrückhaltung im Bereich Kakerbeck soll durch den Hochwasserschutzverband Aue-Lühe geprüft werden. Im Gespräch ist zudem, das Lühe-Sperrwerk im Rahmen einer in einigen Jahren anstehenden Modernisierung mit einem Spitzen-Schöpfwerk auszustatten.
Eine wichtige Grundlage für die weiteren Beratungen soll ein Gutachten liefern, das der Deichverband für die II. Meile des Alten Landes beauftragen will. Es soll den Abfluss des Wassers im Verlauf der Lühe untersuchen und Möglichkeiten aufzeigen, den Wasserauflauf zu verstetigen. Die Frage der Finanzierung wird in einer nächsten Sitzung des Kreistagsausschusses für Klimaschutz, Umwelt und Regionalplanung auf die Tagesordnung kommen.