Aktuelles aus der Region

Wolfgang Stephan

Hintergründiges zur Lage der Region

Kolumne: Hier schreibt der Chefredakteur

Es waren nur ganz wenige Buxtehuder Fußballinteressierte, die am 21. April jubelten, als in der 59. Minute beim Zweitliga-Derby zwischen dem HSV und dem FC St. Pauli ein gewisser Elias Saad eingewechselt wurde. Ein 23-Jähriger, den bis dahin kaum jemand kannte, denn der Junge war erst zum Jahreswechsel von Eintracht Norderstedt (4. Liga) ans Millerntor gewechselt. Nichts Spektakuläres. In Buxtehude allerdings kannten sie ihn, weil Elias Saad in der Jugend des BSV groß geworden war, bevor er 2019 nach Hamburg wechselte. Seinen Traum vom Bundesliga-Profi hatte der damals 19-Jährige abgeschrieben, im Januar wurde er aber wieder real, mittlerweile gilt der Stürmer als Senkrechtstarter in der 2. Bundesliga. Das freut die Buxtehuder auch, aber halt noch mehr der Bescheid vom DFB: Die keineswegs auf Rosen gebettete Fußball-Abteilung des BSV Buxtehude bekam in diesen Tagen einen ordentlichen Betrag überwiesen: Entschädigung für Elias Saad. So ist das geregelt: Wenn ein Lizenzspieler sein Bundesliga- oder Zweitligadebüt gibt, wird eine Ausbildungsentschädigung fällig, die an die Amateurklubs unterhalb der 3. Liga ausgeschüttet wird, in denen die Profis einst das Fußballspielen gelernt haben. Zahlen wollen die auf Wolke sieben schwebenden BSV-Funktionäre nicht nennen. Ein niedriger fünfstelliger Betrag sei eingegangen, soviel wird bestätigt. Nach den Richtlinien des DFB lässt sich der Betrag aber leicht rechnen. Der Jubel am 21. April beim Stadtderby in Hamburg war gute 15.000 Euro wert. Für die Fußballabteilung des BSV so viel, wie die 100 Millionen der Bayern für Harry Kane…

Deichlust

Krummendeich, das kleine Dörfchen im Norden des Landkreises, bekommt derzeit viel Politiker-Besuch. Unweit der Elbmündung entsteht ein Forschungswindpark. Die Eröffnung durch Ministerpräsident Stephan Weil war im August der Tagesschau einen Filmbeitrag in ihrer 20-Uhr-Ausgabe wert. Mit 2.000 Sensoren an Windenergieanlagen und Messmasten soll hier die Windenergie mit all ihren Einflussfaktoren effektiver gestaltet werden – etwa zum Thema Lärm. Gerade in der Umgebung von Wohngebieten sind die möglichen Belästigungen seit Jahren ein Streitthema, wenn es um den Ausbau der Windenergie geht. Kurz zuvor war Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) in Krummendeich zu Gast. Habeck, der zuvor als Minister in Schleswig-Holstein für das Thema Energiewende zuständig war, ließ sich geduldig von den Professoren die Anlagen erklären. Seine Nachfragen verblüfften. So wollte er etwa wissen, warum auch in Sachen Schallemissionen geforscht werde. Die Antwort lieferte Landrat Kai Seefried (CDU), der den Besuch des Ministers begleitete: „Bei den Schallemissionen handelt es sich um ein zentrales Thema, was die Akzeptanz von Windkraft angeht.“ In der Berliner Blase scheinen die Probleme der Menschen in der Fläche weit weg zu sein…

Deichlust

Bei Estebrügge gibt es ein Idyll: ein Waldgebiet auf dem Gelände einer ehemaligen Ziegelei, seit 60 Jahren wird es der Natur überlassen. Die Loki-Schmidt-Stiftung, die sich in und um Hamburg für den Erhalt seltener Pflanzen und Tiere einsetzt, hat das Areal im vergangenen Jahr erworben. Jetzt staunten die Naturfreunde nicht schlecht: In Abbruchgräben am Rand des Waldes haben sie Unmengen an Wildmüll gefunden. Neben allerhand Verpackungsmüll etliche rostige Verkehrsschilder, alte Wellblechdächer, eine komplette Restmüll-Tonne, dutzende Autoreifen, Einzelteile eines Motorrades, Möbel für Haus und Garten sowie Elektrogeräte. Einen großen Container voll Müll haben die Freiwilligen schon geborgen, doch ein Teil der alten Müllkippe ist überwachsen. Den wird jetzt die Abfallwirtschaft des Landkreises aufwendig räumen lassen müssen. Große Hoffnung, die Verursacher nach vielen Jahren noch zu bestrafen, hat Landkreis-Sprecher Daniel Beneke nicht. Bitter:  Seit Jahren steigen die Wildmüll-Meldungen beim Landkreis. Seit Jahresbeginn sind es knapp 250 – das heißt: jeden Tag wirft irgendein Frevler seinen Müll in die Natur. Schade, dass nur die Schnellfahrer auf der Straße so intensiv verfolgt werden…

Noch hat das Warten kein Ende: Im Elbe Klinikum Stade soll eine neue Mutter-Kind-Einheit eingerichtet werden, damit Neugeborene, die intensivmedizinisch betreut werden müssen, nicht mehr von der Mutter getrennt sind. Ein Leuchturmprojekt in der Krankenhauslandschaft. Im doppelten Sinne, denn auch die Finanzierung ist keineswegs alltäglich. Weil die Gelder im Klinikum knapp sind und weder das Land noch die Krankenkassen diesen Umbau bezahlen, haben sich Management und Chefarzt auf eine ungewöhnliche Finanzierung geeinigt: Chefarzt Dr. Markus Krüger sollte Spenden eintreiben. Die Klinik zahlt 140 000 Euro, der Chefarzt muss 120.000 Euro Eigenmittel über Spenden genieren. Das war der Plan, der sich allerdings geändert hat, denn die Baukosten sind gestiegen. Aber auch die Spenden des Doktors, der grandiose 180.000 Euro sammeln konnte. Eine Großspende über 50.000 Euro, viele weitere Gelder von Firmen, den Serviceclubs und Einzelpersonen.  Doch die warten seither auf Vollzug. Im Sommer soll es losgehen, vermeldete das Klinik-Management an dieser Stelle im HINTERGRÜNDIGEN im Mai vergangenen Jahres. Die Jahreszahl hatten wir nicht genannt. Insofern stimmt die Aussage. Tatsächlich begannen die Umbauarbeiten aber erst ein Jahr später vor wenigen Wochen im Sommer 2023. Und liegen jetzt wieder auf Eis, weil ein wichtiges Bauteil nicht rechtzeitig zu beschaffen ist. Chefarzt Dr. Krüger winkt ab, keine Details zum Zeitplan, sagte er einem der Großspender auf Anfrage. Nur so viel: Es gibt kein Zurück, die Mutter-Kind-Einheit ist im Bau. Im Sommer könnte sie fertig sein. Wir nennen mal besser keine Jahreszahl…

Deichlust

Gut ein Jahr ist Dorfsheriff Torben Kubik in Steinkirchen im Amt. Er hat die gesamte Palette des Unheils erlebt, vom Axtmann bis zum dramatischen Unfall. Aber bei der Frage nach seinem nachhaltigsten Erlebnis nennt er den Besuch einer Frau aus der Samtgemeinde, die eine Vermisstenmeldung aufgeben wollte. Sie vermisse ihre Schwester, die sei nach Berlin gezogen und melde sich seit Jahren nicht.  „Keine akute Vermisstenmeldung“, beschied der Polizist. Jedenfalls kein Fall für die Polizei. Traurig verließ die Dame die Polizeistation, nicht ohne die Daten der Schwester zu hinterlassen. Auf welchen Wegen der Polizist Wochen später Erfolg hatte, will er nicht verraten, aber alte Beziehungen zur Polizei nach Berlin sind halt manchmal hilfreich. Die zapfte er erfolgreich an, weil ihn der „Fall“ nicht in Ruhe ließ. Mit Erfolg. „Schwestern-Zusammenführung“ könnte er im Polizeibericht vermerken, den er nicht schreiben musste. Es gab ja keinen „Fall“…

Deichlust

Seit gut einem Jahr sind die Torpids auf Abschiedstour. Endes des Jahres ist Schluss bei der legendären Oldie-Band, die schon in den sechziger Jahren im Landkreis rockte und nach einer langen Pause vor 24 Jahren bei der KVG-Fete in Buxtehude ihr umjubeltes Comeback gefeiert hatte – da waren sogar BHs auf die Bühne geflogen. Weil ich damals Veranstalter war, hatte Band-Leader Wolfgang Watzulik versprochen: „Du kannst/darfst/musst auch unser allerletztes Konzert irgendwann einmal organisieren.“ Der Termin steht: 6. Januar 2024. Doch den Oldie-Musikern geht es wie ihren großen Idolen: Die Rolling Stones haben bereits drei Abschiedstourneen veranstaltet und spielen immer noch. Und ja näher ihr Abschied rückt, desto mehr werden auch die Torpids-Musiker von der Melancholie beseelt. Im Sommer nächsten Jahres hätten sie ihr 25. Jubiläum. Da vorher aufhören?

Hoffen wir, dass sie im Sommer 2024 im Alten Land ein umjubeltes Konzert geben  und freuen wir uns auf einen goldenen Herbst an der Elbe.

Ihr Wolfgang Stephan