„Wir leben in einer bevorzugten Region. Wasserstoff, Windkraft, LNG, Airbus das sind Wachstumsmärkte der Zukunft in der Metropolregion“
Bauen. Trotz gestiegener Zinsen? Ja, sagen Henning Porth und Ulrich Sievert. Sie führen die Volksbank Stade-Cuxhaven mit einem Geschäftsgebiet zwischen Helgoland und Buxtehude. Der Bank geht es gut, weil es auch der Wirtschaft in der Region gut geht. Und nach diesem alten Banker-Grundsatz wird es der Volksbank-Stade-Cuxhaven auch in Zukunft gut gehen, denn der Süden Hamburgs ist weiter im Aufschwung. In drei Jahren sogar mit mächtigem Aufwind.
Herr Porth, einerseits sind die Bau-Zinsen gestiegen, andererseits scheint der Anstieg der Immobilienpreise gestoppt. Wenn ich als potenzieller Bauherr zu Ihnen komme, was raten Sie mir?
Henning Porth: Wenn Sie genug Eigenkapital mitbringen, rate ich Ihnen zu bauen. Dieser Rat ist aber zeitlos, denn wenn Sie auf den passenden Moment warten, warten sie immer. Klar, die Zinsen sind gestiegen, aber ich glaube nicht, dass wir mittelfristig wieder niedrigere Zinsen bekommen werden. Auch die Materialkosten werden eher weiter steigen.
Verstehe ich Sie richtig: Jetzt bauen, denn in Zukunft wird es immer noch teurer?
Porth: Es wird mit Sicherheit nicht billiger. Die Löhne steigen, die Energiekosten bleiben auf einem hohen Niveau, die Materialkosten werden sicher auch nicht fallen. Insofern ist der Zeitpunkt immer dann richtig, wenn das nötige Eigenkapital vorhanden ist.
Wieviel Eigenkapital sollten potenzielle Bauherren mitbringen?
Ulrich Sievert: Mindestens 20 bis 30 Prozent der Gesamtkosten für den Erwerb Ihrer Immobilie sollten durch eigenes Kapital abgedeckt werden, mehr ist immer besser.
Wie ist Ihre Zinsprognose?
Sievert: Bei den kurzfristigen Zinsen ist mit einer weiteren Erhöhung unter einem Prozent zu rechnen, langfristige Zinsen werden moderat weiter steigen und sich bei vier Prozent einpendeln.
Was raten Sie in Bezug auf die Zinsbindung?
Sievert: Da würde ich dritteln: einen Teil variabel, einen Teil mittelfristig für fünf Jahre und einen Teil langfristig über zehn Jahre abschließen. So eine Laufzeitenstruktur bei den Darlehen ergibt Sinn.
2022 gab es einen Einbruch auf dem Bausektor. Die angestiegenen Zinsen, die erhöhten Energiepreise und vielleicht auch die Unsicherheit eines Krieges haben die Bauwirtschaft getroffen. Merken Sie schon wieder das Anziehen des Marktes?
Porth: Nein. Momentan werden hauptsächlich gebrauchte Immobilien verkauft, der Neubau- Sektor ist fast zum Erliegen gekommen. Viele können sich das Bauen nicht mehr leisten, wir dürfen nicht vergessen, dass es auch keine Wohnbauförderung mehr gibt. Die Programme, die die Regierung auflegt, sind nicht geeignet, um die Bautätigkeit wieder zu forcieren.
Wann rechnen Sie mit einem Anstieg?
Porth: Der ist politisch nicht gewollt, jedenfalls nicht mehr der klassische Einfamilienhausbau. Das politische Ziel ist, den Geschosswohnungsbau zu forcieren. Aber auch da stockt es, viele Investoren beantragen die Baugenehmigung, setzen sie aber nicht um, weil die Mieter die Mieten nicht mehr bezahlen können, was sich dann für die Investoren nicht rechnet. Die Katze beißt sich in den Schwanz.
Was heißt das für die Volksbank Stade-Cuxhaven?
Porth: Wir haben etwas weniger Baufinanzierungsgeschäft, aber wir sind in allen anderen Wirtschaftszweigen gut unterwegs. Außerdem werden gebrauchte Immobilien nach wie vor ge- und verkauft. Wir werden vielleicht nicht mehr ganz so ein stürmisches Wachstum haben wie in den vergangenen Jahren, aber auch mit fünf Prozent Wachstum können wir gut leben. Wir kommen mit der Situation gut klar.
Noch vor zwei Jahren sprachen wir an dieser Stelle über Negativ-Zinsen, jetzt sinddie Zinsen gestiegen, also für die Banken eine gute Entwicklung. Betriebswirtschaftlich sind steigende Zinsen auch für die Volksbank gute Zinsen, oder?
Sievert: Das lässt sich so sagen. Mittelfristig werden wir davon profitieren, kurzfristig tut es eher weh, weil wir auf der Aktivseite Zinsbindungen zu niedrigeren Sätzen haben. Wobei wir in der Rückschau festhalten
sollten, dass wir für Privatkunden nie Negativzinsen berechnet haben und bei Geschäftskunden erst ab einer Anlage von 250.000 Euro. Außerdem haben wir unsere Kunden die Einlagenproduktpalette erhalten.
Geht es der mittelständischen Wirtschaft in der Region gut?
Sievert: Unseren Kunden aus dem Mittelstand geht es gut. Das Handwerk hat viel zu tun und wird durch die eingeleiteten Klimaschutz-Maßnahmen neue Geschäftsfelder erschließen können. Viele Altbauten müssen energetisch nachgerüstet werden. Das wird neue Aufträge bringen.
Gibt es unter Ihren Kunden Problemfälle aus dem Mittelstand?
Sievert: Nein. Viele Mittelständer sind flexibel, die können sich schneller umorientieren, wenn es neue Situationen gibt. Aber: Viele Mittelständler leiden unter dem Fachkräftemangel. Das ist schon ein Problem.
Wenn es den Kunden gut geht, geht es auch den Banken gut. Widerspruch?
Porth: Nein, natürlich nicht. Die Risikolage hat sich überhaupt nicht signifikant verändert. Wobei wir nicht vergessen dürfen, dass wir in einer bevorzugten Region leben. Wasserstoff, Windkraft, LNG, Airbus das sind Wachstumsmärkte der Zukunft in der Metropolregion.
In der Aufzählung fehlt der A26-Anschluss an die A7?
Porth: Da sehen Sie mal, wie wir den schon als gegeben verbucht haben. Ganz klar, der Anschluss – wenn er hoffentlich in drei Jahren fertig ist – wird unserer Region einen weiteren Schub bringen. Übrigens nicht nur auf dem Immobilienmarkt, auch der Arbeitsmarkt wird davon profitieren. Auch im Süden Hamburgs gibt es für Hamburger attraktive Arbeitgeber.
Herr Porth, Herr Sievert, Hand aufs Herz: Geht es der Volksbank Stade-Cuxhaven richtig gut?
Porth: Wir sind ganz gut aufgestellt.
Das ist die Zustandsbeschreibung eines vorsichtigen Bankers. Sagen Sie es doch für die DEICHLUST-Leserschaft ein wenig deutlicher.
Porth: Wir und unsere Kunden sind gut durch die Krisen gekommen, wir haben Corona geschafft und die Wirtschaft hat sich mit dem Krieg arrangiert. Auch wenn viele über die Politik schimpfen, dürfen wir doch festhalten, dass die Regierung die Corona-Krise gut gemanagt hat und auch die Energiekrise hat nicht die befürchteten Auswirkungen gehabt. Die Wohnungen sind warm geblieben.
Und bitteschön, wie fällt das Fazit der Volksbank aus?
Porth: Also, wenn Sie es wollen, sage ich es deutlich: Wir sind sehr zufrieden.
Das ist die Volksbank Stade-Cuxhaven:
- Unter den 735 Genossenschaftsbanken in Deutschland liegt die Volksbank Stade-Cuxhaven gemessen nach der Bilanzsumme auf Platz 170.
- Die Bilanzsumme stieg 2022 um 8,9 Prozent auf 1,912 Milliarden Euro.
- Bei den Krediten und Kundeneinlagen konnte die Volksbank deutlich zulegen. So stiegen die bilanziellen Kredite um 11,5 Prozent auf 1,507 Milliarden Euro, die Kundeneinlagen um 11,8 Prozent auf 1,377 Milliarden Euro.
- Der Gewinn nach Steuern ist um fünf Prozent auf 10,5 Millionen Euro gestiegen.
- Die Zahl der Beschäftigten ist um zwölf auf 253 gestiegen.
Text & Foto: Wolfgang Stephan