Kulturwandel in der Sparkasse Harburg-Buxtehude und eine 23 Millionen Euro-Investition in den Neubau in Buxtehude.
Wir sind sehr zufrieden“ – wenn ein Banker mit so einem Bekenntnis an die Öffentlichkeit geht, ist das bemerkenswert. Vor allem in diesen Zeiten. Oder gerade in diesen Zeiten, denn die Sparkasse Harburg-Buxtehude hat einen Kulturwandel eingeleitet, der in der Branche für Aufsehen sorgt. Alle dürfen geduzt werden – auch der Vorstandschef. Dass zudem im neuen Hauptgebäude in der Buxtehuder Bahnhofstraße selbst die Chefs keinen eigenen Schreibtisch mehr haben, belegt den neuen Geist in neuen Zeiten.
Vorstandschef Andreas Sommer hat allen Grund zur Freude. Die wirtschaftliche Lage der Sparkasse sei entgegen vieler Prognosen sehr gut, obwohl die Bau-Finanzierungen wegen der hohen Zinsen und der gestiegenen Baukosten deutlich abgenommen haben. Umgekehrt allerdings profitieren die Kreditinstitute von den hohen Zinsen.
Sommer: „Unser Ertrag ist trotz der rückläufigen Finanzierungen höher als noch vor einem Jahr.“
Bei einem Zinsniveau von einem Prozent sei kaum Geld zu verdienen gewesen, letztlich hätten auch die Banken und Sparkassen angesichts der Negativzinsen noch Geld für ihre Einlagen an die EZB gezahlt. Durch die Zinswende der Europäischen Zentralbank wurde die Wende eingeleitet, auch Sparer bekommen wieder Geld für ihre Einlagen. Baufinanzierungen liegen derzeit bei gut vier Prozent, deutlich höher als vor einem Jahr, aber deutlich niedriger als im langfristigen Durchschnitt.
Die Freude über eine gute Bilanz wird demnächst gekrönt mit einer neuen Sparkasse: In wenigen Wochen wird in Buxtehude eine 23 Millionen teure Investition fertig sein. Die Sparkasse zieht dann nach zweieinhalb Jahren aus einem Provisorium in einen Neubau, der die Bahnhofstraße ähnlich prägen wird wie der alte Bau aus den siebziger Jahren – damals gefeiert als „Symphonie von Glas und Beton“, der aber längst aus der Zeit gefallen war. Nicht nur wegen der Optik.
„Das Gebäude entsprach baulich, energetisch und hinsichtlich der Nutzungsmöglichkeiten nicht mehr den künftigen Ansprüchen an einen modernen und nachhaltigen Sparkassenstandort“, begründet Sommer im Rückblick die Entscheidung, den Beton-Komplex abzureißen und neu zu bauen. Als Projektpartner fungiert die May-Gruppe, mit der man gemeinsam das Gebäude mit 5.000 Quadratmetern Nutzfläche auf vier Geschossen errichtet. Im ersten Obergeschoß werden die HEP Architekten auf 630 Quadratmetern einziehen – Inhaber und Architekt Thorge Evers wird dann in seinem Objekt selbst arbeiten, denn er zeichnet als Architekt verantwortlich für die bauliche Umsetzung des neuen Sparkassengebäudes. Im zweiten und dritten Geschoss entstehen 26 Eigentums-Wohnungen in unterschiedlicher Größenordnung und 17 Appartements, die alle an die BSV-Marketing vermietet sind. Hier werden künftig junge Handball-Talente von außerhalb in einem Campus wohnen. Insgesamt stehen 100 Parkplätze zur Verfügung, davon 55 in einer Tiefgarage. Fertigstellung des 23 Millionen teuren Baus ist zur Jahreswende, allerdings wird die Sparkasse bereits früher umziehen. Der 17. November ist angepeilt. „Noch steht dem nichts im Wege“, sagt Architekt Thorge Evers. Die Sparkasse wird im Erdgeschoß 1.400 Quadratmeter belegen und eine Schalterhalle einrichten, in der 33 Arbeitsplätze entstehen – obwohl die Sparkasse in Buxtehude 45 Beschäftigte zählt. „Niemand hat mehr einen eigenen Schreibtisch“, sagt Andreas Sommer. Da zudem das Arbeiten im Homeoffice gewünscht und großzügig angeboten wird, sollen die verminderten Arbeitsplätze ausreichen. Dass selbst der Regionaldirektor Matthias Weiß sich ohne eigenen Schreibtisch unter seine Beschäftigten mischt, gehört zum neuen Stil des Hauses, der durch zwei weitere Neuerungen geprägt wird: Zum DEICHLUST-Gespräch in der Sparkasse erscheint Andreas Sommer in Jeans, weißem Hemd und blauem Jackett. Ohne Krawatte. „Die habe ich letztmalig bei einer Beerdigung getragen“, sagt der Vorstandschef, der im Einvernehmen mit dem Personalrat die übliche Kleiderordnung mit Kostüm und Bluse für die Damen und Anzug mit Krawatte für die Herren abgeschafft hat.
„Wir wollen unseren Kunden auf Augenhöhe begegnen, dazu gehört auch die entsprechende Kleidung“, sagt Sommer, der gerne in Jeans zur Arbeit geht – die Haspa war Vorreiter bei dieser Branchen-Entwicklung, die im Kreditgewerbe aber längst nicht überall praktiziert wird. Wobei die Kleiderfrage nicht nur nach außen in Bezug auf die Kunden eine Rolle spielt: „Wir müssen auch als Arbeitgeber attraktiv bleiben, denn auch wir spüren den Fachkräftemangel“, sagt Andreas Sommer. Attraktiv heißt: Homeoffice und eine deutlich intensivere Beteiligung interessierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei strategischen Weiterentwicklungen. Dazu kommt eine in der Kreditbranche ziemlich revolutionäre Neuerung: Die Sparkasse Harburg-Buxtehude hat auf allen Ebenen das „Du“ eingeführt. Vom Siezen zum Duzen. Andreas Sommer: „Das gilt auf allen Ebenen, natürlich auch für den Vorstand.“ Gleichwohl werden die individuellen Wünsche respektiert – wer beim Sie bleiben möchte, dürfe das selbstverständlich gerne tun, aber es seien nur wenige, die weiter gesiezt werden wollten. Sommer: „Wenn wir vom Kulturwandel reden, dann müssen wir den auch praktizieren und von der Leitungsebene aus vorleben.“ Gerade viele Nachwuchskräfte empfänden das Duzen als völlig normal – was auch wieder der Sparkasse Harburg-Buxtehude eine bessere Chance auf dem hart umkämpften Arbeitsmarkt gebe. Für ihn nicht, aber für einige langjährige Mitarbeiter sei die neue Anrede gewöhnungsbedürftig gewesen: „Hallo Andreas“.
Die HEP Architekten:
„Architektur gestaltet die Umwelt; so ist unser Ansatz, dass wir eine angemessene Architektur für den jeweiligen Ort erschaffen möchten und damit die Umwelt positiv beeinflussen“ – das ist der Leitsatz der HEP Architekten, einem der großen Architektur-Unternehmen in der Region. Geschäftsführer und Architekt Thorge Evers hat das 1959 von dem Buxtehuder Architekten Erwin Höchel gegründete Büro übernommen und auf ein neues Niveau gebracht. „Wir zeichnen fast alles“, sagt der Architekt und Geschäftsführer, der mit dem Sparkassenbau in Buxtehude ein Großprojekt mehr in der Bilanz hat. Seniorenwohnanlagen, Einkaufszentren, Gewerbebauten, Hotels und große Wohnanlagen sind im Portfolio der HEP Architekten, mit Baustellen in der Metropolregion. Lediglich der klassische Einfamilienhausbau steht nicht mehr auf der Agenda. „Unsere Projekte zeichnen sich durch eine schlichte stilvolle Bauhausarchitektur aus, das ist unsere Handschrift“, sagt der Inhaber. Es traf sich gut, dass Thorge Evers den Auftrag für den Sparkassenbau in Buxtehude bekam und damit die Suche nach einem neuen Domizil beenden konnte, denn die HEP Architekten werden im ersten Geschoss ihre neue Destination haben. Die bisherigen Räume in der Harburger Straße waren für das 26-köpfige Team längst zu beengt.
Text: Wolfgang Stephan · Fotos: Volker Schimkus